sipgate shows: Die Achse des Guten
Zeichnungen von Derrick Alexis Coard, Jörg Immendorff, Carol Rhodes, Lin May Saeed, David Shrigley, Calum Stirling, Ally Wallace. Eröffnung am 4.10.18 6-8 pm, Gladbacher Str. 46 40219 Düsseldorf.
Künstler*innen sind eigentlich Schafthirten a.D. Das könnte man jedenfalls glauben, wenn man frühe Künstlerbiographien liest wie die, die Giorgio Vasari während der Renaissance zusammentrug.
Dass es sich dabei eigentlich um eine Legende handelte, die zur tatsächlichen Lebensgeschichte vieler erfolgreicher Künstler dazu gedichtet wurden, das stellten die Ernst Kris und Otto Kurz in ihrem 1934 erschienen Werk „Die Legende vom Künstler“ (suhrkamp) erstmals wissenschaftlich heraus.
Diese Geschichten folgen einem Muster: Ein Knabe hütet Schafe und zeichnet währenddessen mit einem Stöckchen im Sand. Wie der Zufall es so will, kommt gerade ein etablierter Künstler vorbei, erkennt das zeichnerische Talent des jungen Hirten und bringt diesen „ganz groß raus“. Oft größer, als er es selber ist, der Schüler überflügelt den Lehrer.
Wenngleich es sich hierbei also um Legenden handelt, die sich keinesfalls so zugetragen haben, so bleibt außer einer netten Geschichte auch das Phänomen der Zeichnung als unmittelbare künstlerische Äußerung, die bereits auf das große Talent schließen lässt.
Jemand zeichnet und wird auf diese Weise als Künstler erkannt.
In der bildenden Kunst ist Zeichnen ein sehr weites Feld, in dem Vieles gleichzeitig bestellt wird.
Künstler zeichnen, um Ideen zu skizzieren, um auszuprobieren, um Sichtbares sich selbst verständlich zu machen oder um eine Zeichnung als Werk an sich hervorzubringen.
Das Mannigfaltige der Zeichnung ist das Thema der Ausstellung „Die Achse des Guten“.
Am Beispiel einer Auswahl von Werken lässt sich hier nachzuvollziehen wie unterschiedlich die Zeichnung verstanden wird. Derrick Alexis Coard zeichnet bei seinen bärtigen Männern imaginäre Selbstportraits, Carol Rhodes hingegen entwirft auf transparentem Papier Kompositionen für ihrer topografischen Malereien und Jörg Immendorff zeichnet während seines Urlaubs im Hotelzimmer die Blätter voll mit Entwürfen für seine Skulptur „Elbquelle“, bevor er sich nach der Mittagspause wieder an den Strand begibt.
Wer sich David Shrigleys Pinselzeichnung ansieht, auf der ein grünlich schimmerndes Tier zu sehen ist, das sich der anbei gestellten Beschreibung „I saw a Fox“ hartnäckig widersetzt, der kann vermuten, dass Shrigley während der Renaissance nicht ohne Weiteres von Cimabue unter dessen Fittiche genommen worden wäre. Calum Stirling wiederum denkt in Richtung Zukunft und lässt eine Maschine Selbstportraits zeichnen. Fleissig kommt da ein Roboter seiner gestellten Aufgabe nach, und der unbewusste weil maschinelle Narzissmus lässt ihn dabei menschliche Züge tragen.
Auch für Lin May Saeed ist die Zeichnung von zentraler Bedeutung für ihre Skulpturen und Reliefs. Besonders deutlich wird das in ihren metallenen Toren, die eine lineare Zeichnung durch Biegen und Schmieden in eine beeindruckende Permanenz überführen.
Ally Wallace macht es da eher wie die Hirten aus den Geschichten und rückt wahlweise einer Hochschule, einem Art Deco Kraftwerk oder einem schottisch-italienischen Café mit Tuschepinsel und Aquarellkasten zu Leibe, um anschließend in kleinen Büchern voller Skizzen anderen von dem zu erzählen, was er gesehen hat, was ihn begeistert hat. Wie jedes Kunstwerk sind auch Zeichnungen Zuspitzungen. Die Künstler wählen aus. Zu sehen gibt es nur, was ihnen wichtig schien.
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