WBCI, WBCWas? – Von Rufnummernmitnahme im 21. Jahrhundert

Christian
09.09.2016 14 3:59 min

Unsere Kunden sind daran gewöhnt, dass man bei sipgate alles bequem im Browser konfigurieren kann. Umso überraschter ist so mancher, wenn er eine Festnetznummer zu sipgate mitnehmen möchte. Für die sogenannte Portierung verlangen wir plötzlich, ein Formular auszudrucken und an uns zu faxen. Warum bitte geht das nicht einfacher?

Die schlechte Nachricht vorweg: Portierungsfaxe sind seit Jahrzehnten der einzige Weg, um eine Festnetzportierung abzuwickeln und werden uns noch einige Zeit begleiten. Die gute Nachricht: Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr eure nächste Portierung mit wenigen Klicks erledigen könnt, ist hoch. Bei immer mehr Anbietern kommt nämlich WBCI (WITA Based Carrier Interface) zum Einsatz – eine digitale Schnittstelle für die Abstimmung einer Portierung, die den Prozess einfacher und zuverlässiger macht.

Aber warum braucht es überhaupt eine neue Schnittstelle? Was passiert hinter den Kulissen ab dem Moment, wo ein Kunde seinen Wunsch zur Rufnummernmitnahme mitgeteilt hat? Das möchte ich einmal erklären.

Der klassische Fax-Prozess

Kunden, die ihre Ortsrufnummer zu uns portieren möchten, müssen im alten Prozess als allererstes ein vorgefertiges Dokument unterschreiben und an den neuen Anbieter faxen. Das Dokument stellt die „formelle Einwilligung des Kunden“ dar und bildet den Startschuss für einen eher bürokratischen Prozess. Wie so ein Fax auszusehen hat, können wir bei sipgate nicht beeinflussen (dafür gibt es, typisch deutsch, einen Arbeitskreis, den Arbeitskreis für technische und betriebliche Fragen der Nummerierung und der Netzzusammenschaltung).
Aber wir tun alles, um es unseren Kunden so einfach wie möglich zu machen: das Formular ist vorausgefüllt und muss nur noch unterschrieben werden.

Auf unserer Seite schöpfen wir die komplette Power der sipgate-Plattform aus, um die analogen Faxe automatisiert zu übertragen und auszuwerten.
Trotzdem ist das System fehleranfällig. Probleme wie Mehrfachübermittlung oder händische Korrekturen sind keine Seltenheit. Unser Portierungsteam muss deswegen viele Faxe prüfen, korrigieren und Kunden zuordnen. Bei „Formfehlern“ müssen wir uns außerdem oftmals mit dem alten oder neuen Anbieter auseinander setzen, oft zu immer gleichen Problemen. Und das alles im Jahr 2016.

Der neue WBCI-Prozess

Da alle Telekommunikationsanbieter mit diesen Problemen zu kämpfen haben, gab es bereits 2014 Bestrebungen seitens der Anbieter, einen neuen Standard für die Abstimmung einer Festnetzportierung zu etablieren – die sogenannte WBCI-Schnittstelle. Digital, automatisiert, und ohne Fax! Portierungen, die über diese neuen Prozess laufen, gehen deutlich schneller und fehlerfreier über die Bühne als bisher (Überraschung!)
Der Haken: Festnetzportierugen laufen weiterhin dezentral, dementsprechend muss jeder Anbieter mit jedem anderen Anbieter eine Partnervereinbarung unterzeichnen, damit sie miteinander WBCI “sprechen” können.

Cheatsheet Ortsrufnummern-Portierung

Was ändert sich in diesen glücklichen Fällen für den Kunden? Er muss nach der Eingabe seiner Daten nun nicht mehr mit einem Fax-Dokument hantieren, sondern kann die Portierung durch eine sogenannte Opt-In Bestätigung beauftragen.
Bei sipgate haben wir diesen Opt-In in Form eines Links realisiert, wie man ihn auch von anderen Online-Diensten kennt. Der Kunde erhält den Link direkt nach Beantragung einer Portierung per E-Mail und kann seine Einwilligung mit einem Klick bestätigen. Der Anbieter auf der anderen Seite erhält den Auftrag komplettt digital und automatisiert.

Im Idealfall muss unser Portierungsteam die Portierung nicht ein einziges Mal anfassen.

Also alles gut?

Nicht ganz. Noch sprechen wir nicht mit allen Anbietern WBCI. Und das ist eine Mammutaufgabe bei ungefähr 300 Endkundenpartnern in Deutschland. Einige Anbieter haben bereits Wartelisten für „WBCI-Interessenten“ eingeführt. Das ist aus unserer Sicht etwas schräg, denn unser Portierungsteam braucht weniger als eine Minute, um einen neuen Anbieter an die WBCI-Schnittstelle anzubinden. Aber da hilft leider nur abwarten.

Das führt dazu, dass wir – wie andere – momentan halb in der alten Fax-Welt, halb im neuen Digitalprozess hängen. Noch komplexer wird die Sache dadurch, dass größere Anbieter die eigentlich sehr detailierte Spezifikation (ein 300-Seiten Werk vom “Arbeitskreis WBCI”) auf ihre Art und Weise „interpretieren“. Das führt zu vielen Fallstricken und Sonderfällen – technisch, rechtlich und bei unserer täglichen Arbeit.

Der aktuelle Stand

sipgate steht mit vielen Anbietern in vertraglichen Gesprächen und hat bereits einige Zusammenschaltungen rechtlich und technisch abgeschlossen, u.a. mit der Deutschen Telekom. Kunden der entsprechenden Anbieter profitieren bei einer Portierung direkt von der neuen Schnittstelle. Und wir arbeiten mit Hochdruck daran, mit möglichst vielen weiteren Anbietern über die neue WBCI-Schnittstelle zu portieren.

Stay tuned :)

14 Kommentare


Kai:

Wie gut funktioniert das denn in der Praxis? Nehmen wir mal an, ich habe einen DTAG Festnetzanschluss mit einer Kündigungsfrist von 6 Werktagen, gebe alle Daten korrekt in das Portierungsformular bei Sipgate ein und es treten auch keine weiteren Komplikationen auf (Namensfehler, Tippfehler usw…) Gibt es in der Praxis dann wirklich Portierungen, die nach den 6 Werktagen Kündigungsfrist durchgeführt werden? Wenn nicht, wie viele Zusatztage werden so in der Regel benötigt?

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Christian:

Sollten keinerlei Komplikationen auftreten, dann bremsen eigentlich nur die Fristen der WBCI-Spezifikation die Rufnummernportierung aus. Nachdem Sie die Portierung per Opt-In Link bestätigt haben, übersenden wir den Auftrag direkt an die DTAG. Diese bestätigt die Portierung i.d.R. innerhalb von 4 Werktagen. Eine schnellstmögliche Portierung kann im Fall der DTAG erfahrungsgemäß frühestens nach 10 Werktagen durchgeführt werden. Der eigentliche Portierungstermin hängt u.a. auch von Ihren Vertragsbedingungen bei der DTAG ab.

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David:

Die Art der Problemchen kommt mir ziemlich bekannt vor. Ich arbeite momentan im Behördenumfeld mit Fax, ESB und ETSI. Das sollte euch ja ebenfalls bekannt vorkommen ;)

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no-trace:

Verlangt die Telekom bei einem All-IP-Anschluss (Telefonieanbindung über Internettelefonie) eigentlich einen über die Portierungsgebühr für die betreffende Nummer und ggf. die Einrichtung einer dann erforderlichen dritten neuen Rufnummer (bereits vorhanden) am Anschluss hinausgehenden Betrag, wenn man ohne den Anschluss zu kündigen eine Nummer zu sipgate portiert? Ich habe gerade unter der E-mail-Adresse, die ich hier im Formular unten angegeben habe, einen solchen Portierungsauftrag am Laufen, dieser war eigentlich für zwei Tage nach der Kündigung des Anschlusses gedacht, nun aber soll aus dem noch bestehenden Anschluss die erste Nummer rausportiert werden. Bisher hat mich die Telekom nicht kontaktiert, das müsste sie ja eigentlich, wenn sich an der ersten Nummer etwas ändert und dann ~60€ für diese Umstellung anfallen, bin von daher voller Zuversicht, dann wechselt die Telekom die Nummer also einfach gegen die zweite aus, hätte aber noch gerne eine Rückmeldung von Ihnen. Vielen Dank.

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Christian:

Zu den Zusatzkosten, die seitens der Telekom anfallen können, haben wir leider keinerlei Auskunft. Dazu müssen Sie sich direkt mit der Telekom in Verbindung setzen. Ich habe Ihre Anfrage bezüglich der laufenden Portierung an unsere Kundenbetreuung weitergeleitet. Sie werden dazu in kürze eine E-Mail erhalten.

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no-trace:

Ich habe eben mit dem Telekom Kundenservice – Vertrieb gesprochen. Die Dame meinte, es fielen in meinem Fall gar keine Kosten an. Nur wenn aus einem gekündigten Anscluss zum Kündigungstermin oder danach rausportiert wird, fielen die ~10€ Portierungsgebühr abgehend bei der Telekom an, bei einem laufenden Anschluss – vorausgesetzt freilich, dieser hat danach noch mind. drei Nummern, denn diese sind erforderlich – aber nicht. Somit können Sie Ihren Kollegen – von denen ich noch keine E-mail erhalten habe – mitteilen, dass alles in Ordnung ist, so wie es jetzt läuft. Nur weiß ich nicht, wieso die Rausportierung nur sofort möglich war, aber wahrscheinlich hängt das mit meinem Sonderfall reine Kündigung Telekom wurde erstellt ohne Anbieterwechsel (da dort keine Telefonie mehr, nur noch Internetanbindung) zusammen.

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no-trace:

Verwirrende Gespräche und Ergebnisse heute mit der Deutschen Telekom: Die Kündigung meines Anschlusses zum Datum im Jahr 2017 wurde „storniert“ (sehe ich dort im Online-Kundenbereich), nachdem ich wegen der Rufnummernportierung, die bis jetzt nicht erfolgt ist, angefragt habe; das Problem mit der Rufnummer sei gelöst, wurde als technische (Rück-)Meldung unter Störungsbearbeitung und technische Aufträge hinterlegt (dies habe ich eben erfolglos moniert).

Sie haben mir in Ihrer heutigen (06:01 Uhr) E-mail „Portierung erfolgt“ eine Portierung bis 12:00 Uhr des heutigen Tages zugesagt. Von der Telekom ist die letzte Auskunft, dass ich mich an Sie wenden soll, da sie der aufnehmende Anbieter sind. Bitte stoßen Sie die Portierung ggf. einfach neu an und bestätigen Sie mir diesen Vorgang. Vielen Dank!

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no-trace:

Der Witz des Jahrhunderts! Beim „Servicecenter Technik“ kommt man mit „Portierung“, „Rufnummernportierung“ unter der 0800-3301000 raus, dieses könne Portierungen nicht einsehen, nur der Vertrieb. Und der macht dann einen solchen Unsinn wie meine Anschlusskündigung unangekündigt widerrufen und mir ein Schreiben über diesen Vorgang zuzusenden. Wenn die Portierung bis Mittwoch nicht klappt oder zumindest verbindlich provisioniert wird, blasen wir das Ganze am besten ab, denke ich. Eigentlich hätte der Telekomkunde in solchen Fällen das Recht, den Anschluss mit sofortiger Wirkung zu kündigen, denn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses erscheint inzwischen unzumutbar. Aber dann würde die einzuschaltende Bundesnetzagentur nur zusätzlich bei Ihnen „nachhaken“ (ohne Grund), die Unternehmen (abgebende Telekom, Bundesnetzagentur) sitzen meiner Meinung nach an einer Stelle. Eine Rückmeldung vonseiten der Deutschen Telekom zur gestörten Portierung habe ich bisher keine erhalten, nicht eine einzige!

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no-trace:

Habe jetzt bei der Telekom eine Portierung zum Datum der Kündigung des ANSCHLUSSES (eine solche war drin!) stornieren lassen. Das wäre sowieso nichts mehr geworden! Ich wurde also mit einer falschen Rücknahme der Anschlusskündigung überzogen und damit im Regen stehen gelassen, seitens des magentafarbenen Riesen, sonst ist nichts geschehen.

Ihnen ging eine Mail zu, dass ich auf die Portierung der Rufnummer verzichten möchte, ich bitte diesbezüglich um geflissentliche Beachtung. Danke.

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Leere Dose:

Das schlimme ist (habe den Beitrag erst jetzt gesehen): Bei der Telekom blockiert eine Kündigung (= aktiver Auftrag im System) die Rufnummernportierung. – Nach einigen Telefonaten wurde es bei mir so gelöst, dass die Kündigung ausgesetzt, die Portierung beantragt und für 1 Jahr später genehmigt wurde. – Anschließend musste der neue Anbieter erneut anfragen und um eine vorzeitige Portierung bitten. – Das hat dann geklappt und der Anschluss konnte bei der DTAG zum Wunschdatum (also nicht erst in einem Jahr) gekündigt werden.

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no-trace:

@Leere Dose
Ich habe jetzt über den Feature Store bei einem meiner sipgate-Basic-Accounts eine Portierung zum Zeitpunkt nach der Wirksamkeit der Kündigung des Anschlusses angestoßen, OHNE Kündigung des Telekom-Anschlusses (dieser ist bereits am Freitag der Vorwoche der provisionierten Rufnummernportierung gekündigt, die Portierung erfolgt dann am kommenden Dienstag). Hoffentlich klappt das so. Jetzt kann sich die Deutsche Telekom überlegen, ob sie das Spielchen mit dem „Wir müssen Ihnen die Kündigung dann aber rausnehmen, sonst ist das System blockiert“ und dann lassen sie nichts mehr von sich hören betreffs der Portierung der Nummer noch einmal spielen will oder anständig wird, Zeit genug dürfte sie bis Monat Mai haben.

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no-trace:

Die Telekom hat jetzt endlich die Rufnummernmitnahme der ersten, bereits zu ihre reinportierten, Nummer am Anschluss – für nach Ablauf des gekündigten Anschlusses, der Anschluss wurde vonseiten Sipgates nicht gekündigt, da dies überflüssig war habe ich es nicht ausgewählt – akzeptiert.

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Christian A.:

@Sipgate-Team:

Im alten Online-Portal wurde einige Zeit lang beim Angeben der Rufnummer für eine Portierung vom System sofort automatisch angegeben, bei welchem Netzbetreiber die betreffende Nummer geschaltet ist. Könntet Ihr das nicht wieder so einrichten? :)

Das wäre sicher in vielen Fällen eine gute Hilfe, die Carrier-Landschaft ist ja in den letzten Jahren immer unübersichtlicher geworden:

1.) Viele Carrier haben heutzutage mehrere Portierungskennungen für unterschiedliche Anschlußtechniken (z.B. die Telekom die D001 für PSTN- und D150 für NGN-Anschlüsse)

2.) Bei Anbietern wie EWE-Tel oder Versatel gibt es historisch bedingt auch mehrere Kennungen durch Übernahmen

3.) Bei Providern wie 1&1 hängt die Netzzugehörigkeit davon ab, welcher Vorleister für DSL genutzt wird.

Der normale Nutzer kann da in vielen Fällen kaum einschätzen, welche Angabe denn nun die richtige ist. Da fand ich die frühere Lösung bei Sipgate (automatische Netzerkennung wie oben beschrieben) praktisch und meines Wissens auch ein Alleinstellungsmerkmal in der Branche. :)

Man kann dem Nutzer ja noch die Möglichkeit geben, die automatische Vorauswahl manuell zu ändern, oder ein Extra-Feld „weiß nicht“ auszuwählen, falls die Vorauswahl nichts bzw. eine offensichtlich falsche Angabe ermitteln sollte oder der Kunde völlig unsicher ist.

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Sebastian:

Interessanter Artikel, bin hier gelandet, weil bei mir gerade RRNP anderswo hin läuft. Mit Fax :), wie sipgate alles in 10 Tagen durchzieht, keinen Plan. Meine Nummern sind jetzt 14 Tagen down und werden dann portiert, Termin schon bestätigt. Bisschen Widerrufsfrist ist ja auch.

Die andere Portierungsform ist die mit Anschlusskündigung. Was Anderes kenne ich nicht. Ja, und wenn Anschluss vom Kunden schon selbst gekündigt, dann geht Portieren wahrscheinlich nicht.

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